Ich werde ein Saarländer oder „wie ein großer Junge sein Zuhause verlässt”
Pfingstmontag, 05. Juni 2006. Inzwischen bin ich geimpft, gechipt und höre auf den Namen Ayk. Unser Rudel ist kleiner geworden. In den letzten drei Tagen kamen Menschen vorbei und haben immer einen meiner Geschwister mitgenommen. Heute sind wieder diese Saarländer da, die es auf mich abgesehen haben. Wir gehen spazieren. Ich laufe mit meinen Geschwistern hin und her, meine Mama spielt mit uns. Im Haus angekommen bin ich ganz schön müde. Doch während meine Geschwister einschlafen, werde ich ständig auf den Arm genommen und somit auch wach gehalten.
Die Menschen unterhalten sich, lesen irgendwelche Unterlagen durch. Impfung, Chipnummer, Entwurmen, Mitgliedschaft im Rassezuchtverein, Kaufvertrag, ich kann mit Alledem nichts anfangen. Ich bin müde! Lasst mich endlich schlafen! Die Besucher gehen aus dem Haus und das Menschenrudel meiner Mama geht mit. Ich werde weiterhin getragen. Auf dem Parkplatz umarmen sie sich alle, ein paar Tränen erkenne ich in den Augen der Menschen. Dann steigen die Saarländer in ihr Auto ein und ich sitze mittendrin in einer mit Decken ausgelegten Kiste. Wir fahren los. Was passiert mit mir? Wo sind meine Geschwister, meine Mama, das Menschenrudel, das mich großgezogen hat? Hat mich überhaupt jemand gefragt, ob ich mitfahren will? Ich frage immer wieder, doch keiner antwortet. Die Frau redet mit mir, sie singt mir sogar ein Lied vor. Ich schlafe ein.
Nach fast einer Stunde werde ich wach. Wir halten an der Straße. Hier stehen aber viele Fahrzeuge, auch ganz große. Manche Menschen stecken Schläuche in ihre Autos, andere laufen schnell auf ein Gebäude zu, an dem WC steht. Die Frau, das Mädchen Samira und ich sind auf einer kleinen Wiese. Ich bekomme ein paar Leckerlis. Die Menschen, die an uns vorbei kommen, lachen mir zu und sprechen zu mir. Einige würde mich gerne sofort mitnehmen. Die Pause dauert nicht lange und die Fahrt geht weiter.
Wir halten vor einem Haus an, das Garagentor öffnet sich und wir fahren hinein. Der Mann trägt mich auf dem Arm wieder aus dem Haus auf eine Wiese. Die ist aber schön groß. Gehört sie nun mir? Nachdem ich meine Blase entleeren konnte, werde ich eine Treppe hoch getragen und wir stehen in einem großen Zimmer. „Das ist dein neues Zuhause, Ayk“, höre ich nun die Frau sagen. Ab heute bin ich also ein Saarländer.
Die erste Woche der Eingewöhnung
Das ist mein neues Zuhause. Es gibt viele interessante Dinge zu entdecken. Bin gerade dabei, mein Körbchen mit Fundsachen zu füllen. Ich finde alles! - Ayk (Sherlock) vom fünfzinnigen Hochzeitsturm.
Während mein neues Frauchen für mich eine Mahlzeit vorbereitet (naturnahe Ernährung: kleingeschnittenes rohes Rindfleisch, frischgemahlenes Getreide, feinzerhacktes Gemüse mit Kräutern und Öl), beschäftige ich mein Herrchen, indem ich Pose für ein paar Bilder stehe. Er ist zufrieden und ich langweile mich wenigstens nicht.
Der Tag ist ganz schön anstrengend, ich brauche eine kleine Pause. Im Körbchen habe ich so viele Dinge gesammelt, dass da kein Platz mehr für mich ist. Außerdem muss ich das Sofa bewachen.
Übrigens, was ich Euch sagen wollte: im Saarland ist es wirklich schön. Von wegen Bergbau und Industrie. Wohin ich schaue, gibt es Wälder und Wiesen. Da macht das Spazierengehen richtig Spaß. Dieser Weg gehört heute mir allein. Wie Ihr sehen könnt, laufe ich ohne Leine. So gehört es sich für einen richtigen Kromi.
Auf der Suche nach neuen Liegeplätzen. Zwar habe ich es noch nicht geschafft, mein Menschenrudel davon zu überzeugen, mich nachts ins Bett aufzunehmen. Auch auf das Wohnzimmersofa will man mich nicht lassen. Doch ich arbeite mich vor! Der Tisch ist die erste Stufe zum Erfolg.
Gartenarbeit ist toll, solange andere arbeiten und ich spielen kann. Schließlich bin ich noch ein Kind und Kinderarbeit ist verboten. Na ja, helfen kann ich ein wenig, hier repariere ich einen Schuh. Frauchen meint, dass bei diesem Wetter ein paar Löcher an der Seite wie bei Sandalen toll wären. Sollte für mich kein Problem darstellen.
Nach soviel Arbeit muss man schlafen. Da ich besonders fleißig war, darf ich mich bei Frauchen auf dem Schoß ausruhen. Ich hoffe meine Brüderchen und Schwesterchen haben es genauso gut bei ihren neuen Familien wie ich. „Mir geht es saugudd“, so sagt man es jedenfalls im Saarland.
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