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Piratenkapitän Ayk:
Der Fluch der Ostsee, Störtebekers Enkel

Nachdem ich mit meiner Mannschaft die Nordsee unsicher gemacht, wir dort Furcht und Schrecken verbreitet haben, ist die Zeit gekommen, neue Gewässer zu erkunden. Neue Schätze wollen geborgen, neue Feinde bekämpft werden. Doch wo sollen wir denn hin? Welches Eiland könnte uns als neuer Zufluchtsort dienen, uns vor Stürmen aber auch vor dem Arm des Gesetzes beschützen?


Wir packen wieder unsere sieben Sachen, verlassen heute unseren Heimathafen, um gegen den Osten zu segeln. Von einer leichten Briese getrieben, überqueren wir unbekannte Meere, eine bewegte Vergangenheit hinter und eine ungewisse Zukunft vor uns. Wohin wird uns der Wind treiben?


Der Proviant neigt sich dem Ende zu, das Trinkwasser ist uns schon vor drei Tagen ausgegangen. Eine seltsam unruhige Stimmung in der Mannschaft macht sich breit, als wir die Küste vor uns erblicken. Land, endlich wieder die Aussicht auf festen Boden unter den Füssen. Von diesen Kreidefelsen haben wir schon gehört, die Ostseeinsel Rügen liegt vor uns.


Da ist ein guter Platz, um unser Boot anzulegen. Unser erster Offizier Sabine hat den Plan. Wir brauchen eine kleine, abgelegene Bucht. Die Nachricht über unsere Ankunft sollte nicht zu schnell die Runde machen. Schließlich wissen wir nicht, ob wir hier willkommen sind. „Los Samira, mach’ schneller. Streng’ Dich an!“


So, das hätten wir geschafft. „Ihr beide bringt unsere Ausrüstung an Land. Schlagt schon mal das Lager auf, sammelt Brennholz für das Feuer, sorgt für etwas Essbares und macht die Kojen. Wenn ich zurück bin, erwarte ich, dass alles fertig ist.“ Mir knurrt schon der Magen und müde bin ich auch. Doch vorher gehe ich voraus, um die Lage zu erkunden.


Ein kleiner Ort, keine spielenden Kinder auf der Straße, kein Lärm aus dem Stall zu hören, kein Hämmern des Hufschmieds auf seinem Amboss. Das Dorf scheint wie ausgestorben. Was ist hier los? Ist das eine Falle? Erwartet man uns schon? Da, ich höre einen Säugling weinen. Ich öffne vorsichtig die Tür, eine junge Frau schaut mich ängstlich an. Sie bleibt stumm, nur ihre Augen starren mich an.


„Ich bin Freibeuterkapitän Ayk. Du brauchst Dich nicht vor mir zu fürchten. Ich beiße nicht!“ Sie kennt nicht nur meinen Namen, sondern auch meine Familie, die ebenfalls in diesem Ort wohnt.

Zunächst ist es ein Schock für mich, als ich erfahre, dass ich, Piratenkapitän Ayk, ein direkter Nachfahre von Klaus Störtebeker bin. Doch wie sagt man zutreffend? Ein Apfel fällt nicht weit vom Stamm.


Kurz bevor er „verraten und verkauft“ der Hanse in die Hände gefallen ist, um in Hamburg hingerichtet zu werden, hat er mit einer vollbeladenen Kogge in Rügen angelegt. Auf seiner Heimatinsel versteckte er einen Bernsteinschatz. Auf der Karte, die sich seitdem in unserem Familienbesitz befindet, ist der Ort eingezeichnet.


Schnell laufe ich zurück zu meiner Mannschaft. Wir müssen weiter, ein Schatz wartet auf uns. Wer hätte das gedacht? Gestern sahen wir noch dem Tod ins Auge, wussten nicht, ob wir zuerst verdursten oder verhungern. Heute sind wir nicht nur an Land, sondern auch noch in Besitz eines wichtigen Dokuments. Ruhm und Reichtum, des Piraten einzig wahre Ziele, winken.


Als ob ich es nicht geahnt hätte. Kaum bin ich weg, schon lässt Matrose Samira die Beine baumeln. Von der Arbeit wäre sie geschlaucht, von den Strapazen der Reise noch völlig erschöpft. Was soll ich dazu sagen? Während der Überfahrt musste ich mich überwinden nicht zu schlafen, an Land angekommen alles organisieren. Nun gilt es die Bergung des Schatzes zu planen. Das nennt man anstrengend! Eigentlich müsste ich mich ausruhen und nicht das gemeine Volk!


Mit dem „rasenden Roland“ geht es zum Jagdschloss Granitz. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum es den Landratten auf der See immer übel wird. Schlimmer als diese Fahrt kann doch ein Seegang nicht sein. Und dann noch diese Geräusche. Während der Lokführer es ständig darf, in jeder Kurve, vor jedem Bahnübergang, bleibt mir der Spaß verwehrt: Dampf ablassen. Dabei hätte ich so gerne meinen Unmut über dieses holprige Gefährt öffentlich Kund getan. Doch ein echter Kromi lernt schon in frühen Jahren, sein Temperament zu zügeln. Was auch funktioniert, meistens jedenfalls.

Am Schloss angekommen stellen wir zu unserer Verwunderung fest, wir sind nicht die Ersten. Massenhaft strömen Menschen herbei, drängen sich nicht nur vor dem Eingang, sondern auch im Gebäude. Und ich traue meinen Augen nicht. Links neben dem Eingang hängt mein Steckbrief, mein Bild gefasst in einem roten Kreis und noch mit einem ebenso roten Balken quer durchgestrichen. Rot wie Blut, das bedeutet tot oder lebendig. Überall sind Wachleute zu sehen, so kommen wir nie hinein.


Nur nicht auffallen! Ich schlendere so ums Gebäude herum, schaue mir dies und jenes an. Da entdecke ich ein offenes Fenster. Hier können wir unbemerkt einsteigen. Los, lasst uns das Gebäude endlich betreten, bevor man auf uns aufmerksam wird. Werden wir den Bernsteinschatz hier finden oder ist uns schon jemand zuvor gekommen?


Die Enttäuschung ist groß. Dabei sind wir sogar trotz meiner Höhenangst im Turm die gusseiserne Treppe ganz nach oben gegangen. Doch statt dem erhofften Schatz finden wir nur Bilder und Skulpturen. Alles alter, wertloser Kram. Hat mein Vorfahre sich einen Scherz mit uns erlaubt? Zuzutrauen wäre es ihm ja. Auf dem Weg aus dem Gebäude erblicke ich im Keller eine verstaubte Karte. Auf dem Rand sind deutlich die Initialen K.S. zu lesen. Stehen sie für Klaus Störtebeker?


Wir nehmen die Karte mit. Sie ist unsere letzte Hoffnung, doch noch reich zu werden. Prora liegt im östlichen Teil von Rügen. Ein weiter Weg liegt vor uns. Da wir nun steckbrieflich gesucht werden, ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht mehr möglich. Wir müssen zu Fuß weiter. Mit vier Pfoten und als Leichtgewicht bin ich dabei deutlich im Vorteil.


„Sabine, klettere doch mal hoch und halte Ausschau. Weit kann es doch nicht mehr sein. Und, kannst Du schon Prora sehen?“ Von der Position sieht sie bestimmt kaum mehr als ich, sie muss höher, ganz nach oben. Wo ist denn eigentlich Samira? Mit den Matrosen ist es doch immer dasselbe, wenn man sie braucht, sind sie nicht greifbar.


Nochmals schnell auf die Karte schauen. Ja, wir sind richtig. Wenigstens eine Beschilderung, die uns weiter hilft. Was für eine blöde Wegbezeichnung. Statt direkt zu schreiben, was gemeint ist. Tomate ist rot, rot ist aber ein Synonym für Blut. Also heißt es frei übersetzt: „der blutige Weg“. Klingt ganz schön gefährlich. Ist es auch!


Endlich, wir sind da. Ein monumentaler Bau, der zur Ertüchtigung junger Menschen gebaut worden ist. Kraft durch Freude. Dieses Schiff ist nie vom Stapel gelaufen, hat nie einen Menschen beherbergt. Welch eine Vergeudung.

Also der Ausdruck „einmal um den Block laufen“ gewinnt bei dieser Perspektive eine ganz neue Bedeutung.


Hier irgendwo am Strand muss es sein. Laut Karte soll die Stelle eindeutig erkennbar sein, ein Zeichen, das nicht zu übersehen ist. Was kann das sein? Wonach sollen wir suchen? Rätsel, die es jetzt ganz schnell zu lösen gilt.


Da, an der Wand. Das kann doch nicht wahr sein. Da steht zwar verwittert, doch immer noch gut lesbar mein Name. Also stimmt die Prophezeiung, die man mir im Dorf erzählt hatte. Klaus wusste, dass einer seiner Nachkommen sich auf die Suche machen würde, und kennzeichnete die Stelle, an der er das Versteck wählte. Mit dem Namen des Auserwählten.


Voller Ungeduld fangen wir alle drei an zu graben. Zum Glück ist der Strand in dieser kleinen, abgelegenen Bucht nicht groß. Wir finden Treibholz, wir finden Muscheln, wir graben weiter. Von einem Schatz noch keine Spur.


Doch dann ist es soweit. Hunderte von Jahren hat dieser Nachlass auf uns gewartet.

„Oh Klaus, ich könnte Dir um den Hals fallen. Du machst mich zum glücklichsten Piraten der Ostsee.“


Neben vielen Einzelfiguren, die an Kunst kaum zu überbitten sind, neben einem exzellent erhaltenen Schachbrett finden wir auch noch eine maßstabgetreue Nachbildung eines Passagierschiffes: Titanic. Habe noch nie von diesem Koloss gehört. Aber man kann nicht jeden Kahn, der jemals auf dem Wasser unterwegs war, kennen.


Während ich den Schatz bewache, machen sich Sabine und Samira auf den Weg in den nächsten Hafen. Ihre Aufgabe ist es, ein neues Schiff für uns zu besorgen. Was Ihr wieder so denkt? Kaufen, nicht kapern. Ich nutze die Zeit für einen letzten Seufzer der Erleichterung, einen letzten Dank an meinen Vorfahren für das Erbe, das er mir hinterlassen hat.


Meine Mannschaft kehrt mit einem neuen Boot zurück. Es ist größer und stabiler als das alte. Außerdem verfügt es über einen motorisierten Antrieb. Moderne Seeräuber benutzen längst keine Segelboote mehr. Man muss mit der Technik gehen. Jedenfalls, wenn man es sich leisten kann. Doch Geld spielt für uns nun keine Rolle mehr. Diesen Luxus können wir uns leisten.

Der Rest des Bernsteinschatzes ist nun an Bord. Die Kammern sind mit Proviant und Trinkwasser gefüllt. Unser letzter Abend auf der Insel muss gebührend gefeiert werden.


Los Leute, lasst die Bierfässer rollen, ihr seid eingeladen. Wir saufen bis zum letzten Tropfen und machen Klaus aller Ehre. Ihr wisst ja, woher sein Name stammt? Störtebeker steht für „stürzt den Becher“ und soll der Nachwelt Klaus Trinkfestigkeit bescheinigen.


So sehen Seeleute aus, die am Abend zuvor mehr getrunken haben, als sie eigentlich vertragen. Sabine steuert im Zickzack-Kurs unser Boot an. Matrose Samira kann dem Treiben nicht mehr zugucken. Sie dreht uns einfach den Rücken zu und rudert wortlos weiter.


Während wir uns wieder auf die Reise machen, genehmige ich mir nun endlich eine Mütze Schlaf. Die letzten Tage waren ganz schön anstrengend. Wir wollen weiter Richtung Osten. Ein Seemann, mit dem ich gestern einige Becher gehoben habe, hat mir erzählt, dass es der Sage nach in der Nähe von Kaliningrad (Königsberg) ein ganzes Bernsteinzimmer geben soll. Mein Schatz, wir kommen!

 


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