Der fünfzinnige Hochzeitsturm
Ein besonderes Erinnerungsstück
Der fünfzinnige Hochzeitsturm hat für mich eine ganz besondere Bedeutung. Er ist nicht nur das Wahrzeichen Darmstadts, sondern untrennbar mit dem Namen des Zwingers verbunden, in dem ich geboren und die ersten Wochen meines Lebens aufgewachsen bin.
Das Motiv wird vielseitig verwendet und vermarktet, ob als Kerze, Anhänger, Spieluhr oder Schneekugel, ein Sammler kann seiner Leidenschaft frönen. Doch all diese Geschenkartikel sind mehr oder weniger Massenware.
Aus einer Gegebenheit heraus entspringt die Idee, ein Erinnerungsstück der ganz besonderen Art zu erschaffen, ein Unikat.
Das Saarland ist nicht nur von Kohle und Stahl geprägt, nicht nur von seiner französischen Vergangenheit. Bevor uns schwedische Möbelhäuser mit „nur ein Euro, da kann man nichts falsch machen” Produkten eine neue Kaufkultur beigebracht haben, bevor Billigartikel aus Fernost unsere Märkte überschwemmten, da blühte hier an der Saar eine Glasindustrie, die ihres Gleichen suchte. Heute kennen nur noch Insider (natürlich auch mein Herrchen) die Überbleibsel dieses traditionsreichen Handwerks.
Der Gedanke beginnt im Februar 2011 mit Unterstützung von Herrn Martin Fabian Gestalt anzunehmen, das Projekt „Hochzeitsturm in Bleikristall”.
Die ersten Schritte sind grobe Arbeit, mit einer Trennscheibe wird ein Rohling zurecht geschnitten.
Dann werden auf dem entstandenen Block die Umrisse skizziert (als Vorlage dient eine Souvenir-Kerze)...
Noch lässt es sich nur wage erahnen, wie aus diesem gläsernen, schweren Quader ein Ebenbild des Darmstädter Wahrzeichens werden soll.
Erste Schleifarbeiten tragen großflächig das überschüssige Material ab und schaffen schemenhafte Konturen an den Seiten. Eine harte (man muss den vom Wasser umspülten, schweren Bleikristall richtig festhalten) und Geduld fordernde Arbeit.
Nun geht es in die Ecken. Das Werkzeug wird wieder gewechselt (hier nur eine andere Scheibe eingesetzt) und die Einschnitte werden tiefer.
Mein Herrchen lässt es sich nicht nehmen, auch mal selbst Hand anzulegen. Natürlich unter Aufsicht, das versteht sich doch von selbst.
An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass auch ich die Arbeiten beaufsichtigt habe. Gut manchmal habe ich trotz der Lautstärke ein Nickerchen gehalten, aber Verantwortung tragen ist eben anstrengend.
Auch nach einigen Wochen sieht das Werkstück noch sehr unförmig, eckig und kantig aus.
Fairer Weise und relativierend muss ich aber eingestehen, dass das Projekt nicht konzentriert und zeitlich zusammenhängend durchgeführt worden ist.
Da hilft also nichts, als sich mühevoll immer näher an die Markierungen heran zu schleifen. Geduld und Ausdauer sind gefragt.
Der Aufwand lohnt sich aber, nun sieht der Rohling schon viel besser aus. Die Seiten sind fast fertig und damit ein erster Schritt auf dem Weg zum fertigen Produkt.
Doch das war nur der Anfang, jetzt kommt die anspruchsvolle Vorderseite dran. Der Vergleich zeigt die vielen noch fehlenden Ebenen, Ausbuchtungen, Fenster und den Eingangsbereich.
Also wird die Schleifmaschine wieder angeworfen und weiter akribisch an der Form gearbeitet.
Und hier sieht man auch schon die erste abgetragene Ebene (oben an den fünf Zinnen), in die später noch die Fenster eingearbeitet werden müssen. Übrigens sind die matten Flächen die geschliffenen, die durchsichtigen noch ursprünglich bzw. jungfräulich.
Weitere Ebenen sind abgetragen worden, langsam nimmt auch die Vorderseite Form und Gestalt an. Immer wieder wird am Original geschaut und verglichen, abgetragen und wieder verglichen.
Doch irgendwann geht es nicht mehr weiter. Die Flächen sind fertig, die Schleifmaschine hat ihren Dienst getan. Jetzt wird mit - ja, Ihr habt es richtig gelesen - Tesafilm weiter gearbeitet, genau abgeklebt...
...was später beim Sandstrahlen erhalten bleiben soll. Fläche für Fläche immer wieder abgeklebt und anschließend wieder abgestrahlt, Treppenstufe für Treppenstufe.
Während die Trennscheibe sich wie ein Messer durch die Butter gearbeitet, die Schleifmaschine zwar langsam, doch sichtbar Schicht für Schicht abgetragen hat, ist der Sandstrahl eine wahre Geduldsprobe, Erfolge sind kaum sichtbar.
Sehen sie nicht schon sehr ähnlich aus? Gut, eineige Zwillinge werden sie nie, doch eine gewisse „Verwandschaft” ist doch nicht mehr zu leugnen.
Und so sieht der fünfzinnige Hochzeitsturm nach dem Zuschneiden, dem Schleifen und dem Sandstrahlen aus. Nur die Fläche um die Treppe herum glänzt noch, da sie die einzige ist, die vom ursprünglichen Block nicht bearbeitet worden ist.
Der letzte Schritt zum fertigen Produkt ist die Politur, hier wird bis auf die Zinnen, die Fenster und den Eingangsbereich wieder alles in Glanz gesetzt und damit das Werk beendet.
Inzwischen haben wir Oktober, acht Monate sind vergangen. Das Projekt „Hochzeitsturm in Bleikristall” ist nach zahlreichen Stunden fertig geworden, ein wahres Unikat und ein Beweis handwerklicher Spitzenleistung.
Besonders bedanken möchten wir uns an dieser Stelle bei Herrn Martin Fabian (www.mfg-gravuren.de), der uns bei der Umsetzung dieser Idee unterstützt hat. Ohne seine Hilfe wäre dieses „Kunstwerk” nie entstanden. Wir wünschen Ihm viel Erfolg mit seiner jungen Firma und zahlreiche Kunden.
Natürlich gilt unser Dank aber auch meiner Ziehmama Irmhild, die uns durch ihre Hochzeitsturm-Sammlung zu diesem Projekt inspiriert hat.
|