Ein Fastnachtsumzug mal ganz anders
Nichte Chiva zieht ins Saarland
Die fünfte Jahreszeit ist im vollen Gange, da steht für meine Nichte Chiva und ihr Menschenrudel ein großes Ereignis an, ein Fastnachtsumzug mal ganz anders. Doch alles der Reihe nach.
Es sind schon fast sechs Jahre her, als ich mich - damals noch ein kleiner Welpe - auf den Weg in die weite, große Welt gemacht habe. Seitdem wohne ich, wie Ihr es bestimmt schon in meinem Tagebuch gelesen habt, im wunderschönen Saarland. Hier fühle ich mich so richtig kromi-wohl.
In den letzten Jahren sind einige weitere Kromis in unsere Gegend gezogen, haben das Land besiedelt. Und obwohl unsere Rasse hier noch wenig vertreten und ebenso wenig bekannt ist (Herrchen bezeichnet uns als Kromi-Entwicklungsland), haben wir schon unsere eigene Wanderung.
Vielleicht durch die Besuche bei mir und meinen Zweibeinern inspiriert, doch bestimmt von der tollen Gegend und der typischen saarländischen Lebensart überzeugt trifft meine Ziehfamilie die weitreichende Entscheidung, meinen Geburtsort Darmstadt zu verlassen und an die Saar zu ziehen. Der Termin fällt, wie es der Zufall will, in die Fastnachtszeit.
Während vielerorts Umzugswagen geschmückt und begleitet von zahlreichen Narren und Zuschauern in Wagenkolonnen durch die Straßen ziehen, steht in Darmstadt bereits in der Früh’ ein unscheinbarer, großer Lastwagen und wartet beladen zu werden. Im Vorfeld sind schon Schränke ausgeräumt und abgebaut worden, nun tragen mehr als eine Handvoll Freunde und Bekannte das ganze Inventar aus der Wohnung. Da gilt es die Sachen richtig im LKW zu verstauen. Damit während der Fahrt nichts rutsch oder umfällt, werden manche Möbelstücke mit Gurten festgebunden.
Obwohl in den letzten Wochen schon einige Umzugskartons und Sonstiges ins Saarland transportiert worden sind, obwohl der LKW sehr groß erscheint und so gepackt wird, dass kein Hundenapf mehr dazwischen passt, wird die Wohnung irgendwie nicht wirklich leer. Also werden auch die PKWs beladen, denn alles muss mit.
In einem Konvoi machen wir uns dann auf den Weg. So müssen sich vor Jahrhunderten die Pioniere in Amerika gefüllt haben, als sie mit ihren Pferdewagen wie wir nun auch gegen den Westen gezogen sind, um das neue, weite Land zu besiedeln. Nur sind unsere Wege wesentlich besser zu befahren und weniger gefährlich. Indianerpfeile können uns nicht treffen, höchstens die Blitzer der am Straßenrand lauernden Ordnungshüter. Doch so beladen wie wir sind, kommen wir nur langsam voran, überqueren Flüsse und Täler, erklimmen so manche Berge.
Am frühen Nachmittag erreichen wir das „gelobte Land”. Doch an Ruhe und Erholung von der Reise ist nicht zu denken. Nun heißt es das Hab und Gut weg von der Straße „in Sicherheit” zu bringen. Mit jedem Karton und jedem Möbelstück werden die Arme müder, mit jeder Treppenstufe die Beine auch. Wir haben keine Tresore oder Klaviere, doch auch eine Waschmaschine hat ihr Gewicht. Gemeinsam schaffen wir es aber.
Und dann haben wir uns unsere Pause verdient. Zwischen den ganzen Kartons und den noch nicht aufgestellten Möbeln setzen wir uns hin. Die fünf treuen Helfer Pia und Dieter, Isabel und Michi sowie Pascal sind zu diesem Zeitpunkt leider nicht mehr dabei. Statt Lagerfeuer oder Kamin wird eine Lampe angeschaltet (der Vorteil der Zivilisation). Der einzige Raum, der uns allen genügend Platz bietet und nicht zugestellt ist, ist das Bad. Also wird hier eine Bierzeltgarnitur aufgestellt und Speis und Trank aufgetischt. Mit Feuerwasser wird auf die neue „Heimat” angestoßen, auf eine Friedenspfeife verzichten wir aber. Doch auch so ist es eine gemütliche Runde nach einem zwar anstrengenden aber wunderschönen Tag.
So kann man Fastnacht feiern. Am nächsten Tag haben wir wie so mancher Jäck auch einen Kater (einen Muskelkater). Jedenfalls werden wir uns an die fünfte Jahreszeit 2012 noch lange schmunzelnd erinnern. Ein etwas anderer „Narren”-Umzug, doch nicht weniger ausgelassen und fröhlich.
|