Fußballeuropameisterschaft 2012
Träume, Enttäuschungen und Hoffnungen
Irgendwie habe ich mir - jedenfalls was den Fußball angeht - das Jahr 2012 ganz anders vorgestellt. Doch alles der Reihe nach.
Dass meine Lieblingsmannschaft dieses Jahr nicht um die Meisterschale spielen würde, war mir nach den einschneidenden, personellen Veränderungen im Team ganz klar. Dass es bis fast zum letzten Spieltag dauern würde, bis der Klassenerhalt gesichert ist, das hätte ich aber nie erwartet. Zwar wird der HSV oft als der Dino der Liga bezeichnet, doch im Augenblick ruft der Name in mir nicht unbedingt positive Assoziationen hervor. Es ist nichts von Stärke, von Sicherheit, von Verlässlichkeit und Konstanz zu sehen. Schwerfälligkeit und Unsicherheit auf dem Platz. Überlebensangst begleitet uns Fans vom Spieltag zu Spieltag. So endet die Bundesliga mit gemischten Gefühlen, Enttäuschung über den Saisonverlauf, Aufatmen, dass wenigstens der Abstieg abgewendet werden konnte, und die Hoffnung, in der kommenden Saison, dem Jubiläumsjahr des Vereins, wenigstens teilweise wieder an die Erfolge vergangener Tage anzuknüpfen zu können.
Natürlich freue ich mich mit den Borussen aus Dortmund, dass die einseitige Dominanz der Bayern mal wenigstens für einen Augenblick unterbrochen wird - das macht die Liga spannend. Doch ein Finale der Champions League muss man unbedingt gewinnen, vor allem zuhause. Ein Erfolgserlebnis hätte nicht nur dem deutschen Fußball gut getan, sondern auch den Spielern mehr Auftrieb und Selbstvertrauen für die EM gegeben.
Seit Südafrika sind zwei Jahre vergangen. Neues Spiel, neues Glück. Portugal, Niederlande, Dänemark. Ich selbst will die Nationalmannschaft bei der EM vor Ort unterstützen. Doch in der Ukraine sind Hunde ein brisantes Thema, eine Ausreise fast schon leichter als die Einreise. Die Berichte einiger Artgenossen über die Zustände in diesem Land lassen mich von dem Vorhaben Abstand nehmen. Die Mannschaft unterstützen ja, aber das eigene Leben aufs Spiel setzten...?! An dieser Stelle mein Appell an die UEFA, zukünftig die Spiele nur noch an Länder zu vergeben, die uns Vierbeiner nicht diskriminieren oder gar gefährden. Nur so bleibt man dem Aufruf zum „Respect“ treu und gerecht.
Die Vorrunde meistern die Jungs auch ohne meine Präsenz (unsere Nachbarn, die Holländer, fahren ohne einen einzigen Punkt nach Hause). Das Viertelfinale in Danzig ist erreicht. Doch auch gegen die Griechen bleiben die Stadiontore für mich verschlossen. Abgesehen von der Anreise will ein „Händler“ über dreihundert Euro für eine Eintrittskarte von mir. Dabei brauche ich zwei, da ich an diesem Tag für mein Herrchen noch Babysitter spielen muss. Als dann noch jemand meint, Hunde dürfen sowieso nicht rein, ist das Thema gelaufen. Also bleibt mir nichts anderes mehr übrig, als mich mit public viewing zufrieden zu geben. Das Pfötchendrücken hilft, das Spiel ist super, wir kommen eine Runde weiter. Geschafft!
Zum Halbfinale muss ich leider weg, an die Nordsee. Die Glücksbringer werden natürlich eingepackt, sie sind wichtiger als mein Spielzeug und das Futter. Doch in Holland interessiert sich keiner mehr so richtig für die EM, zu tief sitzt der Stachel über das frühe Ausscheiden der eigenen Mannschaft. So gibt es keine Fan-Meile, keine Gleichgesinnten in schwarz-rot-gold. Ganz schön frustrierend, das Spiel an einem kleinen Fernseher (fast) allein verfolgen zu müssen. Und nicht genug, dass die ersten beiden Chancen des Gegners zu Toren führen, dass wir eine gute Gelegenheit nach der anderen vergeben, dass auch die Schlussoffensive nicht belohnt wird, nach dem Abpfiff muss ich mir noch die Jubelgesänge des italienischen Gastronom an der nächsten Straßenecke anhören. Die Lust auf Pizza und Pasta ist mir für die nächsten Tage wahrlich vergangen.
Da gehe ich lieber zum Griechen. Doch der ist auf uns auch nicht gut zu sprechen, schließlich haben wir sein Team aus dem Turnier geworfen. Nach ein paar Ouzo ("besten Ouzo für meine guten Freunde") liegen sich aber der Wirt und mein Herrchen wieder in den Armen und versprechen sich gegenseitig, den Spaniern im Finale die Daumen zu drücken. Da sage mal jemand, es würde nicht stimmen, dass Fußball verbindet.
Vielleicht ist die Enttäuschung momentan noch groß, doch unsere Jungs sind trotzdem super! Sie haben uns tolle Spiele und schöne Tore gezeigt. Und in zwei Jahren rollt der Ball in Brasilien wieder. Dann heißt es erneut mitfiebern und hoffen, Pfötchen drücken und jubeln. Und mit etwas mehr Glück werden wir dort unseren inzwischen längst fälligen und allemal verdienten Titel holen.
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