Wintergeschichten
Wenn auch bei Euch die Sonne viel zu früh untergeht, wenn die Tage entweder verregnet sind oder es draußen furchtbar stürmt, dann macht es Euch einfach wie ich gemütlich. Lasst Euer Herrchen und Frauchen eine Tasse heißen Kaffee oder Tee trinken und genießt zusammen ein paar Augenblicke beim Lesen neuer Geschichten aus meinem Tagebuch.
Zwingertreffen, 04.11.06. Der Tag beginnt auch für mich, der ich kein Morgenmuffel bin, ungewöhnlich früh. Schließlich haben wir ja noch einen längeren Anfahrtsweg vor uns. Die meisten meiner Geschwister habe ich seit fast fünf Monaten nicht mehr gesehen, doch heute ist unser erstes Zwingertreffen. Und alle sind gekommen, auch meine Schwester Akhira, die ich besonders lieb begrüßen muss.
Wer die Kromi-Wanderungen kennt, weiß, was dieser Kreis zu bedeuten hat. Doch anders als bei den üblichen Treffen, stellen sich hier auch die Hundehalter vor, so richtig mit Namen und Wohnort. Schließlich interessiert es jeden von uns Kromis, wohin seine Geschwister „entführt“ worden sind. Und dass Mama und Akira es von ihren zahlreichen Besuchen her wissen, reicht uns anderen nicht. Wir sind schließlich von Natur aus neugierig.
Doch wer glaubt, dass dieses Treffen nur reinem Wiedersehen und Vergnügen dienen soll, der täuscht. Ihr kennt Miss- und Misterwahlen? Auch bei uns ist es der gleiche Ablauf, wenn auch ohne Juroren und ohne Benotung. Nachdem wir uns alle, sowie unsere Frauchen und Herrchen im Ring vorgestellt haben, dürfen wir endlich zeigen, was wir so in unseren Welpen- und Hundeschulen lernen: Sitz, Platz, Bleib, Komm...
Anschließend noch ein Gruppenbild für das Fotoalbum. Ihr kennt uns alle? Akino, Aika, Akhira, Mama Daika, Akira, Ayk, Ariko (v.l.). Habt ihr auch nachgezählt und festgestellt, dass wir nicht vollzählig sind? Richtig, Arek, unser Jüngster, fehlt auf dem Bild. Hat mein Herrchen verbockt. Ist anscheinend schwer bis acht zu zählen!
Spaziergänge sind für die Zweibeiner immer so anstrengend, dass sie sich nach jeder Wanderung in irgendeinem Lokal hinsetzen müssen. Sie essen, trinken und unterhalten sich. Für uns Hunde ist es echt langweilig, wir dürfen nicht spielen, nicht raufen und nicht bellen. Was bleibt also anderes übrig, als einfach ein Nickerchen zu machen? Diesmal sorgt unsere Ziehmama dafür, dass unsere Frauchen und Herrchen zwar ihren Beinen, nicht aber ihrem Kopf eine Ruhepause gönnen können. Jeder ist angehalten, einen kleinen Test zu machen: Körpersprache deuten, Erziehungsfragen, Hundegesundheit. Auch wenn nicht alle Fragen richtig beantwortet worden sind, müssen wir unseren Hundehaltern bescheinigen, dass sie sich doch gut auskennen. Haben wir sie nicht toll erzogen? Als Belohnung für diese Leistung bekommen wir Hunde jeder einen Pokal.
Das Schönste an der Weihnachtzeit sind die Weihnachtsmärkte. Keinen Gedanken an Geschenke verlieren, keinem Stress in Geschäften ausgesetzt sein! Man steht nur am Stand und trinkt die eine oder andere Tasse Glühwein. Wer mit dem Auto unterwegs ist, muss mit Kinderpunsch vorlieb nehmen. So die Theorie meines Herrchens. Doch soll ich ihm das glauben? Nein, ich brauche den Beweis. Also Leine einpacken und schnell hin.
Was soll ich Euch sagen, er hat wieder mal nur teilweise Recht gehabt. Er hat vergessen mir zu erzählen, dass es da noch mehr Stände gibt, dass es so toll nach Zuckerwatte, Waffeln und Weihnachtsgebäck duftet. Man begegnet anderen Hunden oder trifft Schafe. Dieses ist zwar unecht, was mich aber nicht daran hindert, es zum Spielen zu animieren. Die Zweibeiner müssen alle laut lachen. Also nächstes Jahr steht der Weihnachtsmarkt schon in meinem Terminkalender. Vielleicht kann ich dann auch noch den Kinderpunsch probieren.
Mein erstes Weihnachten. Samira ist ganz aufgeregt, spricht nur von Geschenken. Warum? Sie hat doch heute keinen Geburtstag. Dann wird noch dieser tote Baum im Wohnzimmer aufgestellt. Damit aber nicht genug, Samira hängt Lampen, Kugeln und sonstige Dinge dran. Wenn Ihr mich fragt, hat ein Baum nichts in der Wohnung zu suchen. Er gehört in den Wald! Jedenfalls habe ich mal an ihm gerochen, erfreulicher Weise hat noch kein Hund seine Duftmarke an ihm gesetzt.
Doch dann habe ich es begriffen. Die Zweibeiner beschenken sich an Weihnachten gegenseitig. Und damit sie die Geschenke auch finden können, brauchen sie einen Baum. Den Baum können sie aber im Dunkeln nur dann finden, wenn er beleuchtet ist. Die Kugeln sind nur zur Tarnung da, damit man weiß, dass man nicht im Wald ist. Wir Hunde haben es viel einfacher, wir merken uns, wo wir unsere Knochen vergraben.
Übrigens habe ich auch was geschenkt bekommen, einen Ball in dem Leckerlis stecken. Dauert ganz schön lange, bis man endlich auch das letzte herausbekommen hat. Dieses Jahr konnte ich noch das Geschenk nicht selbst auspacken, doch ich werde üben. Bis zu meinem Geburtstag will ich es gelernt haben.
Silvester und Neujahr. Eigentlich bin ich müde und würde gerne schlafen gehen, schließlich ist morgen wieder Gassi-Gehen angesagt. Doch ich werde wach gehalten. Von draußen hört man immer wieder ein paar Knaller. Mein Herrchen sagt, dass sind die Jugendlichen, die Angst haben, vor 24 Uhr einzuschlafen, auf ihren Spaß aber nicht verzichten wollen. Doch dann ist Mitternacht und am Himmel steigen und fallen ständig Sterne. Komisch. Die Zweibeiner lassen Gläser klieren und fallen sich dann um den Hals. Alle lachen. Samira wünscht mir alles Gute. Hoffentlich erdrückt sie mich nicht, am Neujahrstag findet man nicht so schnell einen Tierarzt.
Nachdem der ganze Krach endlich vorbei ist, kann ich in mein Körbchen. Ich schließe meine Augen zu und bin im Nu auch eingeschlafen. Ich weiß nicht, was die Menschen an Silvester so glücklich macht. Es ändert sich doch nichts. Wenn ich aufstehe, darf ich raus in den Wald, wenn ich Hunger habe, bekomme ich mein Fressen, und wenn ich schmusen will, suche ich mir jemanden von meinem Menschenrudel aus. Der Tag war wirklich anstrengend, doch es hat sich geloht, wach zu bleiben. Bei jeder Sternschnuppe habe ich mir was gewünscht. Und wenn nur ein Bruchteil meiner Wünsche in Erfüllung gehen sollte, dann... Ich träume einfach weiter.
Der Morgen danach. Sehe ich nicht furchtbar aus? Um den nötigen Schönheitsschlaf beraubt, noch nicht frisch gemacht. Doch meinem Herrchen geht es auch nicht besser. Heute will er ohne sich vorher zu rasieren mit mir raus. Hoffentlich treffen wir keine Hundedamen. Es wäre wirklich peinlich für mich, so indisponiert gesehen zu werden. Wenn das neue Jahr schon so anfängt, weiß ich nun, warum man sich freut, wenn es dann an Silvester endlich vorbei ist.
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